Was ist das Least Privilege Prinzip (POLP)? Tipps für Unternehmen zur Stärkung der technischen und organisatorischen Maßnahmen
Das Least Privilege Prinzip, auch Principle of Least Privilege (POLP) genannt, ist ein grundlegendes Konzept der IT-Sicherheit. Es besagt, dass jedem Benutzer oder System nur genau die Zugriffsrechte eingeräumt werden, die für die jeweilige Aufgabe unbedingt erforderlich sind – und das nur für den nötigen Zeitraum.
Dieses Prinzip gilt als Best Practice in Unternehmen und ist ein entscheidender Faktor, um potenzielle Schäden durch Cyberangriffe zu minimieren. Darüber hinaus ist es ein zentrales Element der Zero-Trust-Sicherheitsarchitektur, die zunehmend als Standard im Bereich Cybersicherheit etabliert wird.
Im Folgenden erfahren Sie mehr über das Prinzip und erhalten praxisnahe Tipps zur erfolgreichen Umsetzung in Ihrem Unternehmen.
Das Least Privilege Prinzip in der Praxis
Im Unternehmensalltag benötigen Mitarbeitende und Anwendungen regelmäßig Zugriff auf bestimmte Ressourcen. Das Least Privilege Prinzip stellt sicher, dass dabei ausschließlich die für die jeweilige Tätigkeit unbedingt notwendigen Rechte vergeben werden – zeitlich begrenzt und mit minimalem Umfang.
Sobald Zugriffsrechte oder privilegierte Zugangsdaten nicht mehr benötigt werden, müssen sie wieder entzogen werden.
Die Vorteile eines solchen Berechtigungskonzepts lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Geringeres Schadenspotenzial bei Angriffen: Wenn kompromittierte Zugangsdaten nur eingeschränkte Rechte gewähren, bleibt der potenzielle Schaden deutlich begrenzt.
- Begrenzte Ausbreitung von Malware: Schadsoftware kann sich bei einem Befall schwerer im Netzwerk ausbreiten.
- Höhere Übersichtlichkeit für Mitarbeitende: Reduzierte Rechte verhindern Ablenkung durch irrelevante Optionen und können die Produktivität steigern.
- Rechtliche Sicherheit: Viele Compliance-Vorgaben, z. B. im Rahmen von ISO 27001, verlangen die Umsetzung des Least Privilege Prinzips. Unternehmen können so Audits besser bestehen.
Privilege Creep: Ein häufig unterschätztes Risiko
Ein besonderes Augenmerk sollten Unternehmen auf den sogenannten Privilege Creep legen. Damit ist die schleichende Anhäufung von Zugriffsrechten gemeint – oft deshalb, weil Rechte einfacher vergeben als entzogen werden.
Dies betrifft vor allem Mitarbeitende, die temporär erweiterte Rechte erhalten, etwa bei projektbezogenen Aufgaben oder Sonderfällen. Wird ein einmal vergebener Administratorzugang nicht wieder entzogen, widerspricht das dem Sicherheitsgedanken von POLP und erhöht das Risiko langfristig.
Gegenmaßnahmen:
- Regelmäßige Re-Zertifizierung von Berechtigungen (z. B. alle 6–12 Monate)
- Automatisierte Rollenprüfungen im Rahmen von Identity & Access Management (IAM)
- Technische Kontrolle durch Role-Based Access Control (RBAC) oder Policy-Based Access Control (PBAC)
Tipps für die Umsetzung von POLP im Unternehmen
Die Umsetzung des Least Privilege Prinzips im Rahmen des Rollen- und Berechtigungskonzepts in Unternehmen kann herausfordernd sein, insbesondere, wenn dieses Prinzip bereits für längere Zeit missachtet wurde. Eine praxisrelevante Hürde stellt dabei oft der Widerstand vonseiten der Endnutzer (Mitarbeiter) oder der IT dar.
Mitarbeiter müssen sich etwa an neue Prozesse gewöhnen und den etwaigen Verlust von zuvor permanenten Zugriffsrechten akzeptieren. Für die IT-Abteilung kann der Arbeitsaufwand erhöht werden dadurch, dass regelmäßig mehr Anfragen auf den Zugriff von Ressourcen bearbeitet werden müssen.
Insbesondere besteht die Gefahr, auch nach der erstmaligen Umsetzung wieder in „alte Muster“ zu verfallen und entgegen der Sicherheit zugunsten der Bequemlichkeit die Grundsätze des Least Privilege Prinzips aufzuweichen.
Nichtsdestotrotz sollten Unternehmen an der Linie festhalten, ihre Cybersicherheit weitestmöglich zu verbessern, da die Konsequenzen mangelhafter technischer und organisatorischer Maßnahmen oder insbesondere eines erfolgreichen Cyberangriffs gravierend sein können. Die folgenden Tipps können bei der Umsetzung von Least Privilege dienlich sein:
- Bedarf ermitteln: Analysieren Sie, welche Mitarbeitenden und Systeme Zugriff auf welche Ressourcen benötigen – und nur in welchem Umfang. Überprüfen Sie diese Berechtigungen regelmäßig. Beziehen Sie Ihre Informationssicherheitsbeauftragten und Datenschutzbeauftragten hierbei ein.
- Geräte inventarisieren: Führen Sie ein aktuelles Verzeichnis aller verwendeten Endgeräte. Nicht mehr genutzte Geräte sollten deaktiviert oder entfernt werden. Nutzen Sie Remote-Monitoring durch Ihre IT-Sicherheitsabteilung.
- Just-in-Time Access einführen: Temporäre Zugriffsrechte, etwa Adminrechte, sollten nur zeitlich befristet auf Anfrage vergeben werden und nach Erledigung automatisch wieder entzogen werden.
- Superuser-Rechte begrenzen: Administratorrechte sollten nur einem kleinen, geschulten Personenkreis vorbehalten sein – z. B. der Systemadministration.
- Ticketsysteme nutzen: Implementieren Sie ein automatisiertes Ticketsystem für (temporäre) Zugriffsanfragen, um die IT zu entlasten.
- Zugangsdaten sicher speichern: Verwenden Sie sogenannte Digital Vaults, um privilegierte Zugangsdaten sicher zu verwalten.
- Starke und einzigartige Zugangsdaten verwenden: Verwenden Sie für privilegierte Konten niemals identische Passwörter. Ändern Sie diese regelmäßig – im Idealfall nach jeder Nutzung.
Least Privilege als Bestandteil von Zero Trust
Das Least Privilege Prinzip kann isoliert betrachtet und angewendet werden – jedoch entfaltet es seine volle Wirksamkeit im Rahmen einer Zero-Trust-Architektur.
Zero Trust basiert auf der Annahme, dass kein Benutzer und kein Gerät von vornherein vertrauenswürdig ist – auch nicht innerhalb des Unternehmensnetzwerks. Das klassische Sicherheitsmodell („alles hinter der Firewall ist sicher“) wird damit abgelöst.
Stattdessen gilt: Jeder Zugriff – unabhängig von Ort oder Nutzerrolle – muss stets erneut authentifiziert und autorisiert werden.
Das Least Privilege Prinzip reduziert von Grund auf die Anzahl und den Umfang der möglichen Zugriffsmöglichkeiten. In einer Zero-Trust-Umgebung, in der jeder Zugriff individuell geprüft wird, ist das ein entscheidender Baustein für den Schutz sensibler Daten und Systeme.
Lassen Sie sich bei Ihrer IT-Sicherheit von Experten unterstützen
Die Umsetzung von Konzepten wie Least Privilege oder Zero Trust ist für die meisten Unternehmen unabhängig ihrer Größe eine Herausforderung, sowohl aus technischer und regulatorischer Sicht als auch auf Ebene der Mitarbeitenden.
IT-Sicherheit und Datenschutz gehen hier Hand in Hand. Die Gewährleistung angemessener technischer und organisatorischer Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten ist eine gesetzliche Pflicht (Art. 32 DSGVO). Die Definition und Prüfung solcher Maßnahmen muss deshalb elementarer Bestandteil eines jeden Datenschutz-Management-Systems sein.Kontaktieren Sie uns gerne, um Ihre individuellen Herausforderungen und mögliche Lösungen zu besprechen. Für kleine und mittelständische Unternehmen bieten wir z. B. den standardisierten CyberRisikoCheck an, mit dem Sie schnell einen Überblick über den Zustand der IT-Sicherheit in Ihrem Unternehmen gewinnen können.